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Kindertagesstätte
"Kastanienhaus"

Das Kastanienhaus feiert den 115. Geburtstag

Am 2. Juni 2008 feierte die älteste Rostocker Kita "Kastanienhaus" den 115. Geburtstag. Mit vielen Gästen, darunter auch ehemalige Kinder und Erzieher der Einrichtung, wurden die Feierlichkeiten mit einem Programm aller Kinder eröffnet.
Danach konnten die Kinder es kaum erwarten, die 115 Luftballons in den Himmel zu lassen. Am Nachmittag wurde das Programm noch einmal für die Eltern aufgeführt und anschließend gab es Spiel und Spaß für Groß und Klein.
Unser Ehrengast Gustav Heisenberg, geb. am 11. August 1919, konnte leider aus gesundheitlichen Gründen nicht am Fest teilnehmen. Er übermittelte uns nebenstehende Karte, für die sich das Team und die Kinder der Einrichtung sehr herzlich bedanken.

Text der Karte:
"Als ich diesen Kindergarten 1923 besuchte, war er 30 Jahre alt und ich war vier. Heute bin ich fast 89 und freue mich sehr, dass ich noch immer aus "meinem" Kindergarten Grüße und Einladungen zu besonderen Anlässen erhalte.
Leider kann ich die Glückwünsche nur noch auf diesem Wege überbringen lassen.
Möge in diesem Haus noch viele Jahre lang helles Kinderlachen durch alle Räume klingen. Kinderlachen ist das SCHÖNSTE, das man hören kann.

Am 2. Juni 2008 bin ich in Gedanken im Kastanienhaus in der Ottostraße.
Es wird eine wunderschöne Feier sein und meine guten Wünsche sind bei Ihnen."

Die Geschichte des Kastanienhauses

Es gibt eine Chronik über die Geschichte des Hauses und Dokumente ab 1893.

Die Köpeliner-Tor-Vorstadt war auch für die Kinderbetreuung ein "Problemstadtteil" Rostocks. Zu dieser Einschätzung waren die Honoratioren der Stadt bereits gegen Ende des vorigen Jahrhunderts gekommen und hatten 1893 den Verein "Volkskindergarten e.v." für die schnell wachsende Zahl von Kindern dieses damals neuen, noch im Entstehen begriffenen Stadtteils gegründet.

1893 ließ dieser Verein den "Volkskindergarten" in der damals noch nicht existierenden Ottostraße errichten. "Zunehmende Armut und immer häufiger eintretende Arbeitslosigkeit der Männer " machte es notwendig, dass auch Frauen "auf Erwerb ausgehen", wie Mathilde Hagen, Vorsitzende des Rostocker Frauenbildungsvereins und Bürgermeistertochter, bei der Eröffnung des Volks-Kindergartens 1893 sagte. Dazu müssten sie "ihre kleinen Kinder während der Tagesstunden einer solchen Anstalt übergeben können". Wie groß der Bedarf tatsächlich war, zeigt die Tatsache, dass schon ein Jahr später 200 Kinder den Kindergarten besuchten, wobei auch damals jeder Antrag sorgfältig geprüft wurde.

Von Beginn an auf finanzielle Unterstützung durch die Stadt angewiesen, war der Verein "Volkskindergarten" nach dem Ersten Weltkrieg nicht mehr in der Lage, den Betrieb weiterzuführen. Im Oktober 1919 wurde die Einrichtung mit ihrer Liegenschaft von der Stadt übernommen. Aus diesem Anlass erhielt er die Namen seiner maßgeblichen Förderinnen Mathilde Hagen und Clara Burchard. Diese Situation sollte sich – von der Episode unter der Trägerschaft der Nationalsozialistischen Volksfürsorge (NSV) abgesehen – in den folgenden 75 Jahren nicht ändern.

Jedoch nach 1990 wurde schnell offenbar, dass die Tage unmittelbarer und allseitiger öffentlicher Fürsorge gezählt waren. Der 100. Geburtstag des "Kastanienhauses" wurde 1993 noch offiziell begangen.

Dann kam die Entscheidung der Stadtverwaltung, sich aus dieser Einrichtung zurückzuziehen. Mit vereinten Bemühungen vor allem der Eltern der im "Kastanienhaus" verbliebenen Kinder wurde ein neuer Träger gefunden. Im Sommer 1994 war die Bestandssicherung versprechende "Privatisierung" des Kindergartens perfekt. Allein, knapp zwei Jahre später wurde endgültig offenbar, dass sie dem Konto der "missglückten Privatisierungen" zugeschlagen werden musste.

Gelder versickerten, Rechnungen und Gehälter wurden nicht mehr beglichen. Am Ende stand im September 1996 der Konkursantrag der Deutschen Privaten Finanzakademie. Damit schien auch das Ende des "Kastanienhauses" endgültig besiegelt. Mit dem Konkurs waren auch die für eine Sanierung zurückgelegten Gelder verloren.

Und dann kam die "Wende" wie sie die Traumfabrikanten in Hollywood nicht besser zustande bringen.

Mit mecklenburgischer Sturheit nahmen Eltern und Erzieherinnen einen neuen Anlauf und fanden einen Träger, der mehr Hoffnung versprach. Dazu kommt, dass die Lage des "Kastanienhauses" im "Problemstadtteil" Rostocks sich einmal ausgezahlt hat. Da das von der Stadt ausgewiesene "Rahmenplangebiet" von der Europäischen Union den Zuschlag bekommen hat, über die Europäische Gemeinschaftsinitiative URBAN gefördert zu werden, eröffnete sich die Möglichkeit, die finanzielle Lücke zu schließen.

Ironisch, wie Geschichte ist, erleben wir nun, dass andere Kindertagesstätten in Rostock aus Kostengründen und wegen mangelnden Bedarfs geschlossen werden, während das "Kastanienhaus" in der Ottostraße saniert und erweitert werden kann. Dank der URBAN-Förderung, Hoffnung auf ein Stück Revitalisierung, wenn die Kinder nicht ausbleiben.

Das Institut "Lernen und Leben" e.V. ist seit dem 1. November 1996 Träger der Kindertagesstätte "Kastanienhaus" in der KTV. Das "Kastanienhaus" wurde für insgesamt rund zwei Millionen Mark von Kommune, Land und EU komplett saniert und völlig neu gestaltet. Richtfest war im Oktober 1998.

Nach monatelangem Provisorium in der benachbarten Margaretenschule nahmen die Jungen und Mädchen am 19.01.1999 ihr eigenes Haus wieder in Besitz.

Oberbürgermeister Arno Pöker übergab das Gebäude dem Institut "Lernen und Leben" e.V. Dieses sei stets ein kompetenter und zuverlässiger Partner in Sachen Kinder- und Jugendarbeit für die Hansestadt gewesen, unterstrich der OB.